
Zwischen den Zeilen unserer aktuellen Beiträge zum Thema "gegenüber" möchten wir einen Blick zurück auf unsere vorletzte Printausgabe "Leicht (sein)" werfen und einige besondere Texte teilen, die im Rahmen dieses Themas entstanden sind.
Im März 2024 durfte ich einen Workshop für kreatives Schreiben am Julius-Echter-Gymnasium (JEG) in Elsenfeld zu geben. Elf engagierte Schüler:innen aus den Jahrgangsstufen 8 bis 11 nahmen teil, und gemeinsam begaben wir uns auf eine kreative Reise voller Worte, Ideen und Inspiration.
Der Kurs begann mit kleinen Übungen, um in automatisches und assoziatives Schreiben zu kommen. Zusammen sammelten wir Inspirationen zum Thema "Leicht (sein)", sodass alle schließlich an eigenen Texten rund um das Thema der letztjährigen Turtle-Ausgabe arbeiteten.
Einige dieser Texte darf ich hier im Online Magazin mit euch teilen. Ich war beeindruckt von der thematischen Vielfalt und Tiefe der Texte und bin sehr dankbar für die Offenheit und das Vertrauen aller Teilnehmer:innen.
Ich hoffe, dass der Kurs sie dazu inspiriert hat, weiterzuschreiben und ihrer Kreativität auch in Zukunft den nötigen Raum zu geben.
Vielen Dank auch an Alexander Thum für die Organisation und an Schulleiterin Petra Hein für die Möglichkeit, diesen Workshop am JEG zu halten.
– Sabrina Laue
Was ist leicht sein für mich?
von Hailie Neff (10. Klasse)
Leicht sein ist für mich zu sein. Im hier und jetzt. Keine Sorgen zu haben. Sich nicht um die Vergangenheit oder Zukunft zu sorgen.
Leicht sein ist, wenn mein Kopf schweigt du mein Herz summt.
Leicht fühle ich mich, wenn ich auf dem Motorrad sitze und an nichts Anderes denken muss.
Wenn mein Herz mit dem meines Partners im Einklang schlägt.
Wenn der Wind an meinen Haaren zerrt und ich mich an ihm festhalte.
Ein Gefühl, eine Erinnerung, etwas Beständiges, dass nicht verjährt.
Leicht fühle ich mich aber auch, wenn ich in meinen Gedanken wandere.
Wenn ich in der Bibliothek in meinem Kopf stehe. Wenn ich in jenem Raum stehe, den ich nach meinen Vorstellungen verändern kann.
Leichtigkeit hat für mich viel mit Freiheit zu tun. Wenn ich von Sorgen befreit bin oder an einem neuen Ort bin.
Leichtigkeit und leicht sein. Es ist schwer zu beschreiben. Leicht sein ist für mich Frei zu sein.
Tanzen
von Annika Thiel (11. Klasse)
Wie geschickt du tanzen kannst.
Auf der Wiese, um den Baum, am See entlang, als würdest du schweben.
Du warst noch nie so leichtfüßig.
Du bist du über jede Wurzel gefallen, über deine eigenen Füße gestolpert, hast dich von anderen umschubsen lassen.
Jetzt nicht mehr. Davon sehe ich nichts.
Mich stört ist die eintönige Farbe, die du trägst.
Grau.
Das hätte dir nicht gefallen.
Du warst immer so farbenfroh, so fröhlich, so warm.
Das hast du auch verloren.
Es tut weh, aber ich weiß, dass es nötig ist.
Ich muss einsehen, dass ich dich niemals so frei und leichtfüßig gesehen habe wie jetzt.
Jetzt hast du, was du willst.
Du bist frei.
Ich weiß noch, wie wir draußen saßen. Es war Sommer.
Nur im T-Shirt, mit Wasserflecken vom Blumengießen und Schweißflecken, unter den Achseln von der Hitze, die Shorts dreckig vom nassen Gras. Aber wir waren nie glücklicher.
Da hast du es mir erzählt.
Du willst frei sein.
Wie die Vögel.
Ausbrechen aus den Fesseln, die uns an die Erde binden und einfach abheben.
Dramatisch warst du immer.
Ich habe gelacht.
Dich ausgelacht, mit dir gelacht, ich weiß es nicht mehr.
Du warst mir nie böse deswegen.
Manchmal war ich wütend auf dich.
Manchmal war ich ungeduldig mit dir.
Manchmal war ich genervt von dir.
Du warst das nie.
Immer glücklich mich zu sehen, immer ein Anruf an meinem Geburtstag, immer einen Rat.
Du warst eine Selbstverständlichkeit.
Ich würde mich gerne dafür entschuldigen, aber ich weiß, dass du es nicht annehmen würdest.
Du siehst keinen Grund für mich, mich zu entschuldigen. Hast du noch nie.
Meine Hände verkrampfen sich um die Holzurne, als ich deiner Asche nachschauen, wie sie vom Wind überall und nirgendwo hingetragen wird.
Jetzt hast du, was du wolltest.
Jetzt bist du frei.
Jetzt kannst du fliegen.
Jetzt kannst du endlich aufhören, mir zu verzeihen.
Jetzt kannst du endlich leicht sein.
Leicht sein
von Lukas Spielmann (11. Klasse)
Sich zu überlegen, wie sich leicht sein anfühlt, ist gar nicht so einfach. Oft ist es einfacher sich in Situationen hineinzuversetzen, bei denen man sich nicht leicht gefühlt hat. Die meisten würden sagen, dass sie sich bei Konflikten schwer fühlen. Aber was, wenn sich die Belastung nicht richtig feststellen lässt? Wenn man dauerhaft unglücklich ist und nicht weiß, was der Grund für diesen Zustand ist?
In solchen Situationen macht es Sinn, in sich hineinzuhorchen und sich mit der Frage auseinanderzusetzen, was einen belastet und wie man davon loskommt. Es kann auch sinnvoll sein, das Umfeld zu befragen und mit Vertrauten über die eigene Situation zu sprechen. Viele Menschen neigen dazu, sich selbst vor den engsten Freunden zu verschließen, sodass sich Sorgen und Probleme verstärken und sie von innen heraus auffrisst. Sozialer Kontakt kann so als Ventil fungieren, das bei der Aufarbeitung helfen kann.
Da Außenstehende einen anderen Blickwinkel haben, können sie Probleme erkennen, die man selbst nicht wahrnimmt und auf diese aufmerksam machen. Ein gutes Beispiel hierfür sind toxische Beziehungen. Die Betroffenen sind sich meist nicht bewusst, dass sie sich in einer solchen befinden. Sie relativieren oder ignorieren Probleme und bleiben dadurch weiterhin in einer Beziehung, die ihnen nicht guttut. In so einem Fall ist es wichtig, dass das Umfeld auf das Problem hinweist und im Ernstfall auch eingreift.
Man sieht, es ist manchmal gar nicht so leicht, sich leicht zu fühlen. Jedoch besteht das Leben aus einem auf und ab. Man kann an seinen Problemen arbeiten und damit fertig werden, wenn man sich aktiv damit auseinandersetzt und an sich selbst arbeiten möchte. So kann es dann auch wieder einfacher sein, die Leichtigkeit in sein Leben zu lassen.
Jedoch haben wir trotzdem noch nicht geklärt, wie sich Leichtigkeit überhaupt anfühlt und wann diese erreicht werden kann. Wie schon erwähnt, es kann schwierig sein, Leichtigkeit zu definieren. Letztendlich kann man dies allerdings auch nicht allgemeingültig, denn jeder definiert Leichtigkeit für sich. Der eine fühlt sich leicht, sobald er frei von Stress ist, ein anderer spürt die Leichtigkeit erst im Strandurlaub.
Das Thema ist schwer greifbar und deshalb aber auch sehr weit und vielfältig. Leichtigkeit hat unfassbar viele Facetten und geht stark mit dem Schweregefühl einher. Eine gute mentale Balance und Gesundheit sind also bei diesem Thema sehr stark von Bedeutung, um sich richtig leicht fühlen zu können.
Sich über sein Wohlbefinden und die eigene Leichtigkeit Gedanken zu machen kann sehr erhellend und befreiend sein: Sich von alten Sorgen lösen oder einfach nur in bestimmten Situationen glücklich sein, ganz egal. Regelmäßig in sich zu gehen und darauf zu achten, wie es einem geht, kann dabei helfen, mit negativen Gefühlen umzugehen, um sich letztlich wieder leicht zu fühlen.
Was ist leicht sein für mich?
von Maya Kroth (11. Klasse)
Leicht sein so ganz körperlich,
das bedeutet viel für mich,
viel mehr als es sollte,
viel mehr als ich wollte.
Der Speck an meinem Bauch,
der Speck an meinen Waden auch.
Durch das Stellen auf die Waage
beginnt wieder die ganze Plage.
Reue zerrt an meinen Sinnen,
so dass sie mir alle entrinnen.
Reue, Furcht und Wut.
Mir fehlt wieder der Mut.
Leicht sein so ganz körperlich
bedeutet viel zu viel für mich.
Die Wolken wiegen sich im Wind
wie die Mutter wiegt, ihr Kind.
Helles Lachen während dem Träumen,
bunte Blätter schweben von den Bäumen.
Das ist leicht sein für mich.
Vögelchen, die fröhlich singen,
Töne, die im Wind erklingen,
weiche Felder,
weite Wälder.
Das ist leicht sein für mich.
Wasser blau so hell und klar,
Freunde hier von fern und nah.
Sonnenstrahlen gieren nach Land,
der Vater reicht dem Kind die Hand.
Das ist leicht sein für mich.
Der Stift auf dem Blatt
setzt die Sorgen Schach Matt.
Es ist vorbei mit der Plage,
nun stellt sich nur eine Frage:
Das ist leicht sein für mich,
Doch Sprich: Was ist leicht sein für dich?

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