von Erik Klüssendorf-Mediger
Brendan Gleeson in the film THE BANSHEES OF INISHERIN. Photo by Jonathan Hession. Courtesy of Searchlight Pictures. © 2022 20th Century Studios All Rights Reserved.
Nach dem Oscar prämierten „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ kehrte der Regisseur Martin McDonath mit dem Drama „The Banshees Of Inisherin“ am 05.01.2023 auf die Leinwände der deutschen Kinolandschaft zurück. Nicht allein, sondern wiedervereint mit Colin Farrell und Brendan Gleeson, verschlägt es das „Brügge sehen... und sterben?“-Trio ins Jahr 1923 auf die überschaubare Insel Inisherin, abseits des auf dem Festland wütenden irischen Bürgerkrieges.
Während gestern noch alles in Ordnung schien, steht Pádraic (Colin Farrell), als er wie jeden Tag pünktlich um 14 Uhr mit seinem besten Freund ein paar Pints trinken gehen will, vor verschlossener Tür, obwohl Colm (Brendan Gleeson) rauchend in seiner Hütte sitzt. In dem Glauben, dass es seinem Freund wohl nicht gut gehe, trifft Pádraic wenig später unerwartet auf diesen im örtlichen Pub. Dort gibt Colm ihm jedoch mit klaren Androhungen zu verstehen, dass er ihn von nun an in Ruhe lassen soll, mit der bloßen Begründung, er fände ihn langweilig. Das Aus-dem-Weg-gehen ist jedoch auf der kleinen Insel, auf der jeder jeden kennt, zum Scheitern verdammt, weshalb ein gelegentliches Aufeinandertreffen unausweichlich bleibt.
Die Grundprämisse des Films, dass eine Person jemand anderen von gestern auf heute die Freundschaft kündigt, weil er ihn nicht mehr mag, klingt zunächst wie ein Kinderstreit. Doch die Absurdität der Idee zeigt, dass es nicht viel braucht, um eine spannende und emotionale Geschichte zu erzählen. Mit der Tragik des abrupten Zerbrechens einer über Jahre hinweg funktionierenden Freundschaft thematisiert der Film die Tragweiten des Verlassens und Verlassenwerdens, ohne in romantische Klischees zu verfallen.
Für Pádraic droht, ohne jede Vorahnung, sein Idyll zu zerbrechen. Mit großer Beharrlichkeit versucht er seinen Alltag in der sich ihm abkehrenden Welt zu bewahren. Colms unermüdlicher Versuch hingegen die Freundschaft zu beenden, um aus seinem monotonen Lebensalltag auszubrechen, stellt ihn gleichsam vor Gewissensbisse. Wenn man dann keinen Emotional Support Donkey hat, muss man wohl zu drastischen Mitteln greifen, um seinen Standpunkt klarzumachen, bevor man gar zur Therapie geht.
Aber gerade aus den eigensinnigen Persönlichkeiten der beiden Protagonisten ergibt sich in Kombination mit dem grandiosen Drehbuch und den authentischen schauspielerischen Leistungen, welche Colin Farrell bereits einen Golden Globe einbrachten, ein zwar unwahrscheinliches aber nicht gänzlich abwegiges, schwarzhumoriges Drama, welches auch in den Dialogen einen zynischen Kommentar über das Zwischenmenschliche pointiert zu setzten weiß.
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