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Wie antwortest du der Angst?

Lara Wuester

Aktualisiert: 20. Jan.

Epilog zur Performance im Frauenhofertheater mit Éleonore Barbara Bovet, LaraWüster und Leonie Winter



Die Veranstaltung wurde gefördert vom Landeshauptstadt München Kulturreferat. Wir bedanken uns ganz herzlich.


In einer interdisziplinären, mehrsprachigen Performance, die die Grenzen zwischen Literatur und Tanz sprengte, haben wir das Publikum zu einem kraftvollen Dialog aus Bewegung und Worten eingeladen. Schriftstellerin, Lesende und Tänzer*in trafen sich auf der Bühne; ein Körper warf Worte, ein anderer antwortet mit Bewegungen, ein dritter gab beiden eine Stimme. Diese improvisierte Performance erforschte Themen wie Empathie, Protest, (feministische) Wut, Zärtlichkeit, Freundlichkeit und all die Emotionen, die in uns aufsteigen, wenn wir Angst erleben.




Was am Anfang auf dem Bildschirm stand:


Triggerwarnung:

Wir wissen auch nicht, wo unsere und eure Ängste uns hinleiten.

Wenn euch ein Thema zu sehr triggert, verlasst jederzeit den Raum. Achtet auf euch.

 

 

 

Publikum:

Bitte werft eine eurer Ängste in die Box vorne auf der Bühne. Seid spezifisch, wenn ihr wollt. Beschreibt die Situation, nutzt ein Detail.


 

Die Perfektion, die uns Kunstschaffende hemmt, wird auf der Bühne aufgelöst: Wir beginnen, den Prozess über das Produkt zu stellen und das freie Denken zu genießen. Meine Meditationslehrerin sagte letzte Woche: Im Flow vergessen wir das Selbst und werden frei. Diesen Zustand zu erreichen, fällt oft schwer, wenn Alltag, Zweifel oder Geldsorgen uns blockieren. Doch im Dialog lassen wir Kontrolle los und werden frei, etwas Neues zu schaffen.

Ich schreibe, doch Leonie unterbricht, nimmt mir die Feder und führt den Text weiter. Ein Charakter in einer improvisierten Geschichte zur Wut wird durch einen Tippfehler etwas Anderes, fühlt und denkt, was ich allein nicht hätte schaffen können.


Julius sag mal Mhmmmmmmmamaaaaaaa, Mama. Das macht dich ruhig. Mama ist weich. Pppppppppppppppppppppppppppppp Papa ist es nicht. Julous wird wütender. Irgendwann haut er nochmal Alex – Jul, er nennt sich später Jul, das ist besser als Julius, er würde gerne vergessen, dass er mal so eine kleine eklige Kakerlake in sich hatte. Er hat es ausgekotzt. Jul hat keine Mama mehr. Er braucht keine Mama mehr, seine Wut lebt als kleines... Er weiß nicht was er ist.

Aus Kapitel 2: Wut


In diesem Austausch lassen wir los. Ich muss zu keinem Ende kommen, die Sätze führen von selbst. In der Grenzüberschreitung begegnen wir unseren Ängsten: Die Tänzer*in steigt auf meinen Stuhl, tippt für mich, verändert, was ich wollte. Trotzdem bleibt der Dialog spürbar, manchmal beinahe aggressiv, von Angst getrieben, die Kontrolle zu suchen, wo keine ist.


„Streichel dich“, sage ich – Eléonore schlägt auf den Boden.


Im Chaos entsteht Freiheit: ein Mut zur Unordnung, zu Tippfehlern, zum Lachen an unerwarteten Stellen, zu Albträumen und Träumen, die wir mit dem Publikum teilen. Das Publikum interpretiert selbst, alles löst sich im nächsten Moment wieder auf. Mal ist nur das dumpfe Geräusch eines Punktes auf der Tastatur zu hören, mal das Rutschen von Körpern über den Filzboden, mal Leonies wispernde Stimme. Dann finden wir uns wieder, stürmen gemeinsam voran. Gemeinsam schaffen wir eine Welt der Angst, um sie am Ende zu überwinden. Und Eléonore nimmt mir die Ängste ab, die das Publikum mir aufgeladen hat, auf kleinen Zetteln voller Einsamkeit.


Wovor hast Du Angst?


Lara Wüster (sie): Gründerin und Leiterin von turtle magazin(e), Lara's Arbeit bewegt sich an der Schnittstelle von Literatur und akademischer Philosophie. Sie unterrichtet kreatives Schreiben und arbeitet derzeit an ihrem Debütroman „Zitronengras“. Manchmal entspringen ihrem Gehirn derartige Dinge wie diese Performance.


Eléonore Barbara Bovet (sie, they) ist Zeitgenössische Tanzkünstler:in und Performer:in mit Sitz in München. Sie performt für verschiedene Künstler:innen wie La Ribot, Lina Lapelyté, Anna Konjetzky, Stephanie Felber, Constantin Georgescu, Katja Wachter, Jasmine Morand, Nicola Kötterl, Haptic Hide und Alina Belyagina. Sie war Teil von Performances für Ausstellungen im Haus der Kunst München, darunter für Joan Jonas, Dumb Type und Franz Erhard Walther. Eléonores choreografische Arbeit wurde u.a. in Neuchâtel (CH), Jerusalem, München und Kiel präsentiert.


Leonie Winter (sie) ist ausgebildete Verlagskauffrau und Literaturwissenschaftlerin. Leonie erfreut sich an interdisziplinärer Kunst. Momentan arbeitet sie in einem Kinderbuchverlag und konzipiert und schreibt Kinderbücher.

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